Europäische Bankexperten äußern sich zu Abwicklungsoptionen für Echtzeitzahlungen
Bei einer kürzlichen Zusammenkunft europäischer Zahlungsmarktführer in Deutschland wurde erklärt, dass Echtzeitzahlungen wesentlich für den wirtschaftlichen Erfolg von Banken sind, und dass ohne sie Banken Schwierigkeiten hätten, sich in einer zunehmend digitalen Welt zu behaupten.
„Wenn Akteure im Bereich Echtzeitzahlungen nicht ihr Bestes geben, werden Sie ihr Geschäft an ihre Mitbewerber verlieren.“, sagte Joe Beltrán, Director of Business Development bei STET. STET, ein in Frankreich und Belgien ansässigrer europaweiter Dienstleister für Echtzeitzahlungen hat seine Zahlungsdienste im Jahr 2017 eingeführt und in kürzester Zeit 48 Millionen Konten und 1,7 Millionen Händler gewonnen.
Während Akteure im Bereich Finanzdienstleistungen ihre Optionen für Echtzeitzahlungen abwägen, wird Erreichbarkeit von entscheidender Bedeutung sein. Die Europäische Zentralbank hat betont, dass eine europaweite Reichweite das Ziel ihrer Echtzeitabwicklungslösung (TIPS) ist, die Zugang zu allen Bankenmitgliedern der TARGET– und TARGET2-Systeme sowie indirekte Zugangsmodelle für anweisende und empfangende Parteien anbietet.
„Das Business Model für Banken ist, im Geschäft zu bleiben!“, erklärte Helmut Wacket, Referatsleiter bei der Europäischen Zentralbank. Echtzeitzahlungen ermöglichen es Banken, genau das zu erreichen, indem sie mit neuen Akteuren auf dem Finanzmarkt, etwa mit FinTechs, aber auch mit traditionellen Akteuren, die neue Dienstleistungen anbieten, konkurrieren. Wie Beltrán sagt: „Traditionelle Banken müssen mit Challengerbanken konkurrieren.“
Selbst unter den schon lange etablierten Banken besteht die Notwendigkeit, ein Fürsprecher von Innovationen zu sein. Und das nicht nur in Bezug auf Echtzeitzahlungen, sondern auch als Vorbereitung auf die rasante Evolution der Zahlungsmarktmodernisierung. „Seien Sie ein Kundendienstleister, nicht nur ein Kontoanbieter“, betonte Wacket.
Ein weiterer bedeutender Akteur im europäischen Bankenmarkt, die European Banking Association (EBA), die über eine starke Erfolgsbilanz bei der Verarbeitung europaweiter Zahlungen mit ihren Abwicklungsdiensten ACH und Same-Day–settlement verfügt, hat seit der Einführung ihrer Echtzeitabwicklungslösung (RT1) im Jahr 2017 bereits großes Wachstum erreicht. Die Reichweite von RT1 hat sich bereits auf mehr als 2.000 derzeit erreichbare PSPs (Zahlungsdienstleister) erhöht. „RT1 ist per Design eine pan-europäische Lösung”, sagte Erwin Kulk, Head of Service-DevelopmentManagement bei EBA Clearing. Es handelt sich auch um das Ergebnis einer kontinuierlichen Feedbackschleife von Mitgliedern, die dabei geholfen haben, mit dem Dienst ein marktfokussiertes Angebot zu schaffen. Dieser kollaborative Ansatz erstreckt sich auf die Hilfe beim Design von Overlay-Diensten mit hoher Reichweite, welche die Übernahme von Echtzeitzahlungen vorantreiben werden.
Die EBA hat ihre Request to Pay (RTP) Task Force mit dem Ziel der Entwicklung einer europaweiten RTP-Lösung angekündigt, die sich auf die Schaffung von Mehrwerten für Zahler und Zahlungsempfänger konzentriert. Dieser Mehrwert liegt in den Overlay-Diensten, die Sicherheit und Transparenz bei Zahlungen herstellen, insbesondere rund um Rechnungszahlung und Abgleich. Es scheint, dass die EBA auf der Suche nach mehr als nur Geschwindigkeit ist.
Echtzeit-Herausforderungen für Akteure im europäischen Zahlungsmarkt
Für einzelne Länder, die noch kein inländisches Echtzeitsystem eingeführt haben, kann es verlockend sein, so zu tun, als seien Echtzeitzahlungen eine Herausforderung der Zukunft. Aber wie Beltrán sagt: „Echtzeitzahlungen sind unvermeidlich.“ Unser Leben und unsere Möglichkeiten entwickeln sich ständig weiter, einhergehend verändern sich die Kundenerwartungen. Deutsche und französische Verbraucher haben vielleicht noch keine Erfahrungen mit inländischen Echtzeitzahlungen gemacht, dennoch sind sie aktive Teilnehmer im digitalen Ökosystem, welches von Echtzeitinformationen abhängig ist. Es wäre naiv, zu denken, dass Banken marktführende Kundenerfahrungen bereitstellen können, ohne Nutzen aus all den von Echtzeitzahlungen geschaffenen Rich-Data-Gelegenheiten zu ziehen.
Aber die Frage bleibt: An welchen Abwicklungsmechanismus (CSM=Clearing & Setllement Mechanism) sollten Banken sich anschließen lassen? Wacket empfiehlt, dass Banken sich Gedanken darüber machen, wie sie Echtzeitzahlungen unterstützen und von diesen profitieren möchten. Es ist wahr, dass jeder CSM seine ganz eigenen Vorteile bietet, und wenn wir uns den Erreichbarkeitsfaktor ansehen, ist die Antwort klar – letztendlich müssen Banken an mehrere Systeme und CSMs angeschlossen sein, entweder direkt oder indirekt.
Für eine Bank, die gerade erst mit Echtzeitzahlungen beginnt, ist der europaweite Anschluss an jedes CSM und inländische System ab Tag eins nicht machbar. Was Banken benötigen, ist eine Methode, um schnell mit Echtzeitzahlungen loszulegen – beginnend mit einem europaweiten System, selbst wenn noch keine inländische Option verfügbar ist – auf eine Art und Weise, die die aktuelle und zukünftige Reichweite maximiert. Wer jetzt den richtigen Weg einschlägt, mit einer klaren Langzeitstrategie, wird wesentlich dazu beitragen, technisch notwendige Nacharbeiten oder zu große Komplexität im Geschäftsbetrieb zu vermeiden.
Die Verringerung der Komplexität ist eng mit dem Liquiditätsmanagement verbunden, einem kritischen Bestandteil des Echtzeit-Puzzles. Jeder CSM bietet Banken Vorteile, also ist es eine Frage dessen, wie es sich in das Geschäftsmodell der Bank einfügt. Die EBA hat ein Deferred-Net-Settlement-Modell für die aufgeschobene Nettoverrechnung bei EURO1/STEP1-Zahlungen oder einzelnen RTGS-Zahlungen betrieben. Das Hinzufügen von TIPS mit Echtzeitverrechnung ist ein neues Modell.
Im Vergleich dazu verfolgt die EZB beim Liquiditätsmanagement einen globalen Ansatz, was momentan ein Alleinstellungsmerkmal für TIPS darstellt. Falls eine Bank bereits über Konten bei der EZB für andere CSMs verfügt, wird sie möglicherweise feststellen, dass sie die Einlagesummen in allen zu verringern hat. Die Bewegung von Liquidität zwischen Konten anhand der Liquiditätsanforderungen im Geschäftsbetrieb ist möglicherweise leichter, wenn diese sich alle bei derselben Bank im Rahmen des Zentralen Liquiditätsmanagementsystems (Central Liquidity Management, CLM) befinden, das die Echtzeit-Bruttoverrechnung der EZB (T2), die Wertpapierabwicklung (T2S) und das TIPS der EBA miteinander verknüpft.
Aber vergessen Sie nicht, für alle CSM´s gibt es Möglichkeiten, um sich miteinander zu verbinden, also sollte Ihr erster Anschluss nicht der einzige sein. Diese Konnektivität zwischen verschiedenen CSM´s kann genau genommen über eine dritte Partei stattfinden. ACI Worldwide beispielsweise bietet STET Konnektivität zu EBA als auch zur EZB an. Die Lösung überbrückt die Lücke zwischen den verschiedenen CSM`s und bietet so eine einfache Konnektivität zu den Banken, die sich mit STET verbinden. Banken können mit einem einzelnen Gateway zum CSM beginnen, das ihre und die ihrer Kunden unmittelbaren Bedürfnisse erfüllt und ihre Konnektivität und Dienste mit dem Geschäft einhergehend ausbauen.
Jede Lösung, die eine Bank mit ihrem ersten Echtzeitzahlungs-CSM verbindet, muss Verbindungen zu weiteren Systemen und CSM`s ermöglichen, um den Start neuer Echtzeitzahlungen und einen Pfad zur maximalen Erreichbarkeit zu ermöglichen. Sie muss sich außerdem anhand der Transaktionsvolumen skalieren, die aufgrund von Echtzeitzahlungen entstehen werden, insbesondere, da wir die „2. Welle“ der Echtzeitevolution betreten und neue, offene, API-aktivierte Dienste schaffen, welche im Zuge der Echtzeitzahlungen kommen werden.. Seit seiner Einführung gibt es beim U. K. Faster Payments schrittweise, Jahr für Jahr, ein Wachstum von 10 %, welches sich mit der Einführung von Open-Banking auf 25 % vergrößern soll. Banken in ganz Europa sollten darauf vorbereitet sein und sich diese Gelegenheit zu Nutze zu machen und davon zu profitieren.
Eine Gelegeneit für die deutschen Banken
Als in U.K. Faster Payments eingeführt wurde, war die Annahme, dass Echtzeitzahlungen Marktanteile von RTGS und ACH abziehen würden. Tatsächlich aber haben Echtzeitzahlungen Bargeld- und Scheckvolumen am meisten beeinflusst.
Mehr als 250 Milliarden Euro, ein Fünftel der Bargeldversorgung der Eurozone, sind in Deutschland im Umlauf. Aber 2018 war das erste Jahr, in dem Bargeld nicht mehr die Mehrheit der Transaktionen in Deutschland bestimmte. Kombiniert mit hoher Smartphone-Abdeckung, Internetnutzung, weitverbreitetem eCommerce-Einkauf und einer lebendigen FinTech-Startup-Szene befindet sich das Land in einer einzigartigen Situation, um vergleichsweise schnell eine breite Akzeptanz zu erreichen. Es wird fälschlich angenommen, dass, weil die Kreditkartennutzung in Deutschland traditionell niedrig ist, Echtzeitzahlungen Schwierigkeiten haben werden, sich durchzusetzen. Das könnte gar nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein. 58 Prozent der deutschen und 75 Prozent der französischen Kleinunternehmen sagen, dass sie die Bank wechseln würden, wenn Ihnen keine Echtzeitzahlungen oder diesbezügliche Mehrwerte angeboten würden.
Warum ist den deutschen Verbrauchern ihr Bargeld so wichtig? Wie diese sagen würden: „Geld stinkt nicht.“ Und es erlaubt dem Verbraucher, seine Finanzen besser zu kontrollieren. Letztendlich ist der wichtigste Grund für die Bargeldnutzung die „Echtzeit-Verfügbarkeit“. Echtzeitzahlungen bieten Verbrauchern die Möglichkeit, über einen einzigen Echtzeitsaldo in ihrem bestehenden Konto zu verfügen, der alle ihre Transaktionen widerspiegelt. Derzeit nutzen sie mehrere Zahlungsarten für die Bezahlung von Rechnungen und bei Einkäufen am Point of Sale, zusätzlich zum Bargeld. Mit allgegenwärtigen Echtzeitzahlungen kommt die Gelegenheit zur Konsolidierung ihrer finanziellen Aktivitäten und Steigerung ihrer finanziellen Kontrolle, ganz abgesehen von einer geringeren Belastung. Im Durchschnitt tragen Deutsche beinahe doppelt so viel Bargeld mit sich herum wie Franzosen und Niederländer. Deutsche Kunden, genau wie ihre Europäischen Nachbarn, werden Echtzeitzahlungen verlangen.
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